Täglich hört oder sieht man Kinder in Werbeproduktionen. Fast immer sind es hörbar „junge“ Kinderstimmen, also oft im Alter von 6 bis 10 Jahren, die sich immer auch nach Kind anhören und auch anhören müssen. Ein interessanter Fakt ist, dass Mädchen und Jungen sich oft nur sehr schwer unterscheiden lassen, das Stimmenprofil in diesem Alter also sehr ähnlich ist. Woher nehmen wir die Kinderstimmen? Wie werden diese Produktionen umgesetzt und die oft sehr guten Ergebnisse erzielt? Welche Dinge sind zu beachten? Diese Fragen sind Themen in unserem heutigen Blogbeitrag.
Hier die Maira, die sehr süß und kindlich spricht, zudem sauber und deutlich. Eines von den sehr guten Sprecherkindern. Bei dem Spot hat man das Gefühl, als ob das Kind den Spot in einem Ruck eingesprochen hätte. Bei diesem Beispiel fehlt der Off, es ist nur der Part des Sprecherkindes zu hören.
Bei Mädchen ist es oft so, dass diese bis 13 oder 14 Jahre noch als „Kind“ durchgehen und sprechen können, Jungs sind in diesem Alter meistens bereits im Stimmbruch und können kaum noch als Kinderstimme arbeiten. Kinder, trotz allem, verändern sich stimmlich mitunter rasant, ein Sprachfile von einem Mädchen mit 6 Jahren wird zwei Jahre später sicherlich deutlich anders klingen. Damit ist eine Sprecherdatenbank nur mit sehr hohem Aufwand für Kinderstimmen zu betreiben, da man diese Soundfiles regelmäßig aktualisieren muss.
Eine Voraussetzung muss gegeben sein, die Kinder müssen hochdeutsch sprechen. Die meisten mir bekannten Kinderstimmen sind Kinder von Sprechern bzw. haben Eltern, die Beruflich mit Sprechen oder Tonproduktionen zu haben. Die interessante Frage ist hier, wie bekommen die Kids es hin, sauber hochdeutsch zu sprechen? Es gibt sicher Regionen, wie Hannover, in denen bereits schon sehr sauber gesprochen wird, mir sind aber auch Kinder bekannt, die nicht in solchen Gebieten wohnen. Hier wird von den Eltern gezielt darauf geachtet, dass von Klein auf dialektfrei gesprochen wird. Sicherlich gibt es auch Kinder die Talent haben.
Kinder in diesem Alter gehen zur Schule und abseits der Ferien, sind damit die Aufnahmefenster klar vorgegeben. Erst nach der Schule, also in den meisten Fällen nach 15:00 Uhr. Hier muss der Umfang der Sprachaufnahme beachtet werden. Ist es viel Text, dann ist nicht immer gewährleistet, dass das Sprecherkind die Konzentration über einen langen Zeitraum bewahren kann. Mitunter braucht es mehr als nur ein Tag für die Aufnahme oder muss am Wochenende mit frischen Kopf und guter Konzentration aufgenommen werden.
Hier eine Kinderstimme von Matilda, die Produktion wurde realisiert als Matilda 6 Jahre alt war. Man hört noch so richtig das Kleinkind und die leicht unsaubere Aussprache ist so gewünscht, denn damit wird es erst so richtig kindlich. Wenn man genau hinhört kann man erahnen aus wie vielen Teilen dieser Spot zusammengeschnitten wurde.
Textsicherheit und Verständnis
Kinder mit 6 oder 7 Jahren können den Text noch nicht selbstständig lesen. Bei all diesen Produktionen muss also der Papa oder die Mama dem Kind die Sätze vorsprechen. Das bedeutet häufiges Wiederholen und Lernen, denn einige Texte sind zum Teil mit schweren Wörtern gespickt. Man kann davon ausgehen, dass das Kind bei einigen Texten auch nicht vollständig versteht, was es da überhaupt spricht.
Hier ist der kleine Ben, auch 6 oder 7 Jahre alt und er spricht so richtig niedlich über sein Lieblingsessen. Hier hören wir also einen Jungen und wenn nicht genau hinhört, dann könnte es auch ein Mädchen sein.
Warum hören sich Kinder bereits wie Profis an?
Die Kindersprecher lernen schnell und schauen bzw. hören sich das von Ihren Eltern ab. Sind die Eltern bereits professionelle Sprecher, dann sprechen die Eltern meist kurze Sätze oder Teile des Textes vor und die Kinder sprechen es nach. Somit ist es einfacher für das Kind Sprachbögen zu imitieren. Die meisten Kinder können einen Text nicht selbstständig so interpretieren, wie es ein erwachsener Profi tun würde.
Aus unserer Erfahrung hilft es ungemein, wenn die Sprecherkinder den Text im Vorfeld ausgiebig üben. Bei vielen Kindern besteht in diesem Alter immer noch eine Unsicherheit beim Lesen von großen Textmengen.
Da man relativ viel mit Technik schneiden und zusammenfügen kann, wird der Text gestückelt und nur kurze Sätze bzw. Satzstücke (bis zum Komma) aufgenommen und dann die „Besttakes“ rausgesucht und zusammengefügt. Erwachsene Profis sprechen oft lange Textpassagen am Stück und ersparen dem Tontechniker in der Post sehr viel Arbeit. Bei Kindersprecher ist das selten und stark vom Text abhängig.
Lena spricht Ihrem Opa auf den AB. Die Stimme sollte bei dieser Produktion "normal" und nicht zu werblich klingen. Lena hat Text vorher geübt und diesen Text in einem Take eingesprochen.
Wie nimmt man mit Kindern auf?
Oft wird der gewünschte Text im Studio ohne weitere Zuhörer aufgenommen. Die Kindersprecher sind in der Regel schüchtern und blocken zum Teil ab, wenn sie mitbekommen, dass viele unbekannte Leute zuhören. Es gibt auch Profis unter den Sprecherkindern, die regelmäßig aufnehmen, diese können zum Teil auch mit Regieanweisung aufnehmen und auf Wünsche eingehen. Das ist allerdings eher die Seltenheit. Darum sind die Möglichkeiten für Produktionen mit Kindern begrenzt. Allein die sonst normale Interaktion zwischen Sprecher und Kunden findet nur rudimentär statt. Der Kunde bekommt eine Sprachaufnahme und kann dann, wenn notwendig, Änderungswünsche äußern. Somit zieht sich eine Produktion mitunter in die Länge, bis das gewünschte Ergebnis erzielt wurde.
Eine Möglichkeit ist, dass ein Sprecher mit dem Sprecherkind in die Kabine geht und dort den Kunden per Kopfhörer hört und dann dem Kind mitteilt was es ändern soll. Das funktioniert in der Regel ganz gut.
Kinderstimmen buchen – was muss ich beachten?
Wie bereits beschrieben verändern sich Kinder sehr schnell und damit sind gut gepflegte Datenbanken für Sprecherkinder recht schwierig aktuell zu halten. Wir haben eine kleine Übersicht in unserer Sprecherkartei. Hier bitte auf der rechten Seite in der Detailsuche das Stimmalter auf 0-6 bzw. 7-12 ändern, dann erhalten sie die gewünschten Sprecherkinder. Allerdings ist das nur ein Auszug. Ich empfehle immer, direkt anzufragen, das Projekt kurz zu beschreiben und dann ein individualisiertes Angebot und Casting einzuholen.
Es gibt ein paar Sachen zu beachten. Am besten ist, man ist sich schon im Klaren darüber, wie sich das Kind anhören soll, also sehr jung oder schon etwas älter. Muss es erkennbar ein Junge oder Mädchen sein und wie komplex ist der zu sprechende Text.
Ideal ist es, wenn der Text bereits vorliegt, dann können wir anhand des Textes schon direkt sehen, welches Kind das gut umsetzen kann bzw. wer in Frage kommt. Liegt der Text nicht vor, dann wäre eine kurze Einschätzung was inhaltlich passieren soll gut. Gibt es Fremdwörter oder komplizierte Wörter oder ist es eher leicht und Umgangssprache?
Soll das Kind eher authentisch klingen oder werblich? Die Ansprechhaltung ist immer interessant und wichtig. Das beeinflusst z.B. auch direkt unsere Auswahl der Demofiles. Da wir nicht das komplette Material per Mail rausschicken können, treffen wir eine Vorauswahl und die ist umso besser, je genauer die Vorabinformationen sind.
Verfügbarkeit und der Lieferzeitpunkt werden maßgeblich von Ferien, Schule und den Eltern bestimmt. Schnelle Produktionen in der Schulzeit sind schwierig. Sind Ferien, kommt es oft vor, dass Kinder bei Oma oder im Urlaub sind. Eine vernünftige Deadline ist absolut notwendig, ein oder zwei Wochen Zeit sind zu empfehlen, oft bekommt man es schneller hin, aber wenn man ein Projekt sicher abschließen möchte und eventuell noch etwas Luft für eine Änderung einplant, dann ist allen geholfen.
Abrechnung – dürfen Kinder in dem Alter „arbeiten“?
Heikles Thema. Wenn man bedenkt, dass man Kinderdarsteller im TV sieht und täglich im Radio/TV hört, dann ist das Bewusstsein vorhanden, dass junge Menschen eine Dienstleistung vollführt haben, die in irgendeiner Art auch in Rechnung gestellt wurde.
Mir ist bekannt, dass die meisten Eltern die Rechnung auf sich stellen und ein Konto für Ihre Kinder eingerichtet haben, auf das alle Produktionen der Kinder eingezahlt werden. Das ist eine, aus meiner Sicht, gute und sinnvolle Lösung, bei dem das Kind mit 18 Jahren oder später, Zugriff auf das eigene Geld erhalten.
Rechtlich bewegt man sich in einer Grauzone, die weitestgehend gesellschaftlich toleriert wird, da wir ja täglich mit Kinderstimmen oder Kindern in Modekatalogen konfrontiert werden. Allerdings ist es nicht 100% sauber.
Wenn man es richtig sauber machen will, dann benötigt man ein Gewerbeschein für Minderjährige. Das ist grundsätzlich möglich, allerdings gelten bei der Gewerbeanmeldung von Personen unter 18 Jahren einige Sonderregeln. Solange man das 18. Lebensjahr nicht vollendet hat, gilt man als beschränkt geschäftsfähig. In der Regel sind nur sogenannte „Taschengeldgeschäfte“ erlaubt. Das Gesetzt setzt eine „erkennbar planmäßige“ auf Dauer ausgelegte selbstständige geplante Gewinnerzielung voraus.
Es gibt zwei Voraussetzungen für den Gewerbeschein für Minderjährige zu erfüllen. Erstens. Die Ermächtigung des gesetzlichen Vormunds, also der Eltern. Dies muss schriftlich fixiert werden. Zweitens. Jetzt kommt der schwierige Part. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Das Vormundschaftsgericht muss zustimmen, die Zustimmung erfolgt aber in der Regel nur, wenn der Jugendliche die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt und über die notwendige Reife verfügt.
Wenn man diese zwei Hürden genommen hat, dann erhält der oder die Jugendliche die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit. Somit kann man auch als Minderjähriger ein Gewerbe anmelden.
Bei Kindern von 6-10 Jahren wird allein die notwendige Reife ein Problem darstellen. Grundsätzlich ist das aber machbar, zumindest bei Kindern die zwischen 12 und 18 Jahren sind. Hierbei gibt es einen grundsätzlichen Vorteil anzumerken. Wenn die Kinder über die Eltern abgerechnet werden, dann kommt dieses Einkommen auf das Einkommen der Eltern mit drauf, somit wird die Einkommensteuer erhöht bzw. wird das Einkommen des Kindes bereits mit einem hohem Wert besteuert. Mit einem eigenem Gewerbe hätte das Kind ein eigenes Einkommen und würde dieses auch selbst versteuern und somit deutlich weniger Einkommenssteuer, wenn überhaupt (Freibetrag), bezahlen.
Andere Länder verfahren mit dem Thema Kindersprecher durchaus anders. China z.B. hat im September 2015 per Gesetz Kindern verboten als Werbesprecher oder Schauspieler zu arbeiten. Hier der Artikel.
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